Baustellen und Sperrungen
© © Ruhpolding Tourismus/Andreas Plenk

07.10.2024

Ein intensiver Perspektivwechsel während des Besuchs der Bayerischen Demenzwoche in Ruhpolding

 

Im Rahmen der 5. Bayerischen Demenzwoche war der Demenz-Simulator des Pflegestützpunkts Traunstein mit seinen 13 Stationen am 23.09.24 und am 24.09.24 in Ruhpolding aufgebaut. Quartiersmanagerin Ingrid Scheiber organisierte die Veranstaltung.

Hier konnten Angehörige sich in die Welt der an Demenz erkrankten Menschen hineinversetzen. Der Demenz-Simulator schildert Situationen im Alltag von Frau Erna Müller. Wie sie beispielsweise am Wochenmarkt, den sie schon lange besucht, einkaufen geht und Schwierigkeiten hat, die Gemüsesorten mit Namen zu nennen. Und dann will der Mann am Ende etwas von ihr, nennt den Eurobetrag, und Erna versteht nicht, was der Mann von ihr will. Auch verirrt sich Erna auf einem Weg, den sie jahrelang gegangen ist, und auf einmal ist vieles fremd.

Den Angehörigen wird durch die Aufgabenstellungen, den Versuch der Umsetzung und die entsprechenden Erläuterungen ermöglicht, sich in die Situation der Erkrankten hinein zu fühlen. Sie können die häufige Überforderung im Alltag nachempfinden, was zu mehr Verständnis und Nachsicht führen kann.

Den Besuchern, die in den zwei Tagen in die „Alte Schule“ gekommen sind, um die Stationen des Demenz-Simulators zu durchlaufen, war es ein Anliegen, ihre Lieben besser verstehen zu können und eine Idee davon zu bekommen, was in ihnen vorgeht.

Im Austausch mit den Angehörigen wurde deutlich, dass in unserer Gesellschaft die Erkrankung Demenz noch mit einem ziemlichen Tabu belegt ist. Viele trauen sich nicht, in ihrem Bekanntenkreis offen über die Erkrankung der Angehörigen zu sprechen. Die Krankheit Demenz ist noch mit viel Scham und Angst behaftet. Scham zum Beispiel auch bei Betroffenen selbst, die merken, dass gewisse Fähigkeiten nachlassen und die dies nicht wahrhaben wollen. Und dann sollen das andere erst recht nicht mitbekommen. Scham sich mit früheren Bekannten zu treffen, die es irritierend finden, wenn jemand dem Gespräch nicht mehr folgen kann oder Dinge durcheinanderbringt.

Ängste der Betroffenen, da sie schon vieles über die Erkrankung gehört haben und nun selbst davon betroffen sind. Sie fühlen sich hilflos, da keine Heilung in Aussicht ist und sie sich mit einem stetigen Abbau ihrer geistigen und teilweise auch körperlichen Fähigkeiten konfrontiert sehen. Ängste der Angehörigen, wie wird es weitergehen… bin ich dem gewachsen? Ich hatte mir unser gemeinsames Leben ganz anders vorgestellt und nun? Wo und Wie finde ich Unterstützung und Hilfe?

Wichtig ist, dass bei einem Verdacht auf eine Demenzerkrankung eine Diagnostik stattfindet. Schon allein deshalb, damit andere Erkrankungen, welche eventuell medikamentös behandelt werden können, ausgeschlossen werden. Auch kann nach einer Diagnosestellung ein Pflegegrad beantragt werden, was wiederum ermöglicht, dass Hilfe in Form von Pflegedienst, Alltagsbegleitung oder auch Tagespflege hinzugezogen bzw. genutzt werden kann. Dies entlastet besonders die Angehörigen, die sich häufig mit der Pflege ihrer Angehörigen allein und überfordert fühlen.

Es wäre ebenfalls wünschenswert, dass unsere Gesellschaft sich mit dem Thema Demenz auseinandersetzt und nicht mehr wegschaut, weil es „mich“ ja selbst auch einmal betreffen könnte und das macht es „unberechenbar“ bzw. „bedrohlich“. Demenzkranken Menschen sollte jedoch mehr Verständnis, Geduld, Achtsamkeit und liebevolle Annahme entgegengebracht werden, damit sie sich trotz ihrer Erkrankung akzeptiert fühlen und sich weiterhin unter Menschen trauen.

Quartiersmanagerin Ingrid Scheiber zeigte sich sehr zufrieden mit der Veranstaltung. „Ich habe mit einigen Bürgerinnen und Bürgern intensive Gespräche geführt und dabei bewegende Geschichten erfahren. Es hat sich gelohnt, mit dieser Veranstaltung die Menschen für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren“, erklärte Scheiber. Die rege Beteiligung und das Interesse der Teilnehmer haben verdeutlicht, wie wertvoll solche Aufklärungsveranstaltungen sind, um ein besseres Verständnis für die Lebensrealität von Demenzkranken zu schaffen.

 

Dieses Projekt wird aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert.